Leseprobe - Science Fiction Geschichten

 

Die perfekte Frau

 

Durch die Berghänge von Caprona quälte sich der kleine Wagen und hatte Mühe, bei den Steigungen nicht ganz an Fahrt zu verlieren. Langsam und mit steigender Temperaturanzeige fuhren die drei Insassen fast schweigend schon seit mehreren Stunden. Am Steuer saß der alte Debron und pfiff leise vor sich hin. Neben ihm Clive Hebson und hinten hatte sich der 14jährige Sohn von Debron auf den Hintersitz gezwängt, der eigentlich nicht für Passagiere gebaut war.
Das Auto wie auch der Besitzer hatten schon bessere Zeiten erlebt.
Hebson träumte vor sich hin und hatte nur ein wenig Bedenken wegen dem Kühler des kleinen Wagens. Schon seit einiger Zeit strömte weißer Dampf unter der Haube hervor. Das der Wagen überhaupt noch fuhr war schon ein kleines Wunder. Dieses uralte Modell gehörte eigentlich ins Museum und Hebson fragte sich kurz, was für einen Brennstoff der alte Debron für den Antrieb benutzte. Der Wasserkühler machte jetzt auch noch zusätzlich Geräusche. Aus den Augenwinkeln heraus behielt Hebson dieses Schauspiel im Auge. Doch seine Gedanken waren eigentlich woanders, am Anfang.

Vor drei Monaten kam er wie immer nach der Arbeit nach Haus und wollte seine Frau begrüßen, die süße kleine Jenny, die zwar 11 Jahre jünger war als er mit seinen 36 Jahren, aber bis jetzt harmonierte es wunderbar zwischen den beiden. Doch in letzter Zeit spürte Hebson Veränderungen an seiner Frau. Sie kam oft spät Heim und verhielt sich dann sehr abweisend. Das ein anderer Mann dahinter stecken könnte, schien ihm sehr unwahrscheinlich, da er Jenny wirklich alles bieten konnte, was eine Frau sich wünscht. Sie lebten in einer schönen, mit allen Raffinessen ausgestatteten Villa am Stadtrand und besaßen drei Solarautos.
Sein gut bezahlter Job bei General Science Solar erlaubte ihm auch die Anschaffung von zwei Rennpferden und nicht zu vergessen, der Privatjet, der unbegrenzte Freiheit erlaubte, in Maßen natürlich.
Seitdem die Regierung im Jahre 2019 sämtliche Grenzen aufgehoben hatte, waren dafür Freizonen erschaffen worden.
Diese Zonen waren in erlaubte und unerlaubte Gebiete unterteilt.
Nur mit einer besonderen Erlaubnis des obersten Rates durfte man mit einem Privatflugzeug diese überfliegen.
Es war zum reinen Schutz und der Sicherheit wegen gedacht. In den geschützten Gebieten waren Gewächshäuser, Tieraufzuchtstationen und natürlich auch die energiebringenden Tolgeneratoren untergebracht. Diese versorgten ganze Landstriche und die Städte, die nun seit ein paar Jahren zentralisiert waren mit Energie. Es gab auf dem amerikanischen Kontinent nur noch 12 gigantische Städte, in denen sich die meisten Menschen aufhielten. Auf dem Land und den Vorstädten zu wohnen war nur einer kleinen Schar von Menschen gestattet.
Und zu diesen zählte Clive Hebson. Debron und seine Familie wohnten illegal und ohne Wissen des Rates abseits aller bekannten Routen in einer großen Felsengrotte, die Debron mühsam in jahrelanger Arbeit umgebaut hatte. Nur durch Cooder lernte Hebson den Eigenbrötler kennen. Davon später mehr. Um auf Jenny zurück zu kommen, eines Tages vor drei Monaten wie gesagt, kam er nach Hause und erwischte Jenny mit zwei anderen Männern im Bett. Er jagte die beiden hinaus und ging dann wütend zu seiner Frau.
„Reiche ich dir nicht mehr allein im Bett, oder was soll das Jenny? Du lebst hier wie eine Königin und hast alles was man sich wünschen kann und nun tust Du mir das an und benimmst dich wie eine Schlampe?“
Sie kleidete sich wortlos an und wollte sich gerade an ihm vorbeischleichen als er sie am Arm festhielt.
„Was ist los mit Dir? Habe ich irgend etwas getan oder gesagt, was Dich verletzt hat?“
„Nein, hast Du nicht. Aber ich bin es leid hier alleine rumzuhängen, während Du von einer wichtigen Besprechung zur nächsten hetzt. Was nützt mir der ganze Reichtum hier draußen im langweiligen nirgendwo, während Du Dich in der Stadt amüsierst.“
Sie riß sich los.
„Amüsieren kann man das wirklich nicht nennen, was ich jeden Tag mache, das kannst Du mir glauben. Ich würde gern mehr Zeit mit Dir verbringen, doch ohne meinen Job würden wir irgendwo in der nächsten Stadt in Containern leben oder in Zelten, willst Du das?“
„Nein will ich nicht, aber so kann es auch nicht weiter gehen.“
„Was waren das für Typen vorhin, woher kennst Du solch ein Pack?“
„Ist doch egal Clive, ich werde Dich verlassen und Du wirst mir eine schöne Summe von Deinem Vermögen abtreten!“
„Wie bitte?“
„Du hast mich schon richtig verstanden. Ich will endlich leben und Menschen kennen lernen. Auf Partys gehen und mich amüsieren.“
„Wieso hast Du nicht eher schon mal was gesagt? Warum musst Du mir das so zeigen und mich derart verletzten?“
„Clive, es war nie richtige Liebe zwischen uns, weißt Du das denn nicht?“
Hebson wusste es nicht und schwieg deshalb. Jenny zog aus und wollte in die nächstgroße City, nach Yuta. Er ließ sie gehen, ohne weiteren Protest.
Sein Leben war nun auf den Kopf gestellt, seine Zukunftsträume Schall und Rauch. Die nachfolgende Zeit war für ihn einsam und leer. Er dachte wirklich, daß er seiner Frau alles geboten hatte, was man nur verlangen kann. Doch es war scheinbar nicht genug. Wenn er an all das Elend in den Städten dachte, wo Menschen unter primitivsten Bedingungen lebten, dann konnte er es nicht verstehen.
Trotz der Veränderungen in den letzten 20 Jahren und den Projekten „Ozonerhalt“ – Meeresschutz und diverse andere Dinge, die vielleicht im letzten Moment vorgenommen wurden und erste Erfolge zeigten, gab es noch immer Armut und Elend auf der Welt. Die Armen lebten quasi von den Abfällen der Reichen. Die Städte waren überfüllt und stanken. Nie würde er dort leben wollen. Egal, seine Frau war fort und er wieder allein.
Es war nicht leicht in diesen Zeiten eine hübsche wie auch charakterlich gute Frau zu finden, die einem beistand – siehe Beispiel; dachte Hebson.
Ein alter Freund, Mark Cooder, brachte ihn auf die fast schon absurde Idee, es mal anders zu versuchen.
Nach zwei Jahren sollten sie sich zum ersten Mal wieder sehen.
Es gab viel zu erzählen. Sie trafen sich eines Abends auf Cooders Farm.
Auch er lebte draußen auf dem Land. Im Gegensatz zu Hebson war seine Partnerin geradezu Perfekt. Nach seinen Worten – war sie die ideale Hausfrau, der treue Partner, die beste Mutter und die ohne Tabus auslebende Geliebte. Beide Männer saßen draußen auf der Terrasse und tranken ein Bier als nach einiger Zeit „Merrida“ auftauchte, Cooders Frau.
„Hallo ihr beiden, darf ich mich einen Moment zu euch setzten oder wollt ihr lieber allein bleiben?“
Sie begrüßten sich und beide hatten nichts dagegen. Im Gegenteil, Cooder bat sie neben Hebson Platz zu nehmen und einen Moment lang passierte nichts. Es herrschte Schweigen, alle sahen sich nur an.
„Clive bemerkst Du irgend etwas unnormales an meiner Frau?“
„Wie meinst Du das, unnormales?“
„So wie ich es gesagt habe, irgend etwas künstliches oder falsches?“
„Nein,... ich meine... Hebson räusperte sich. An Deiner Frau scheint alles Perfekt zu sein. Sie ist wirklich wunderschön und mir sehr sympathisch.“
„Gut, das wollte ich hören. Merrida, Du kannst dich jetzt zurück ziehen.
Wir reden später noch.“
„Es hat mich sehr gefreut, Mr. Hebson.“
Clive stand auf und reichte ihr die Hand.
„Mich auch Merrida, mich auch... , bitte sagen Sie doch Clive.“
„Sehr gern.“
Sie ging in einem sehr weiblichen Gang zurück ins Haus.
Hebson sah ihr noch eine Weile nach, bis er den Blick seines Freundes spürte.
„Sie gefällt Dir, oder?“
„Du hast nicht übertrieben, wenn Du das meinst!“
„Sag schon, sie gefällt Dir!“
„Ja, sie gefällt mir sehr, wie habt ihr euch kennen gelernt?“
„Deswegen mein Freund habe ich Dich hergebeten.
Vielleicht kann ich Dir helfen?“
„Was meinst Du? Willst Du mir Deine Frau leihen, oder was?“
„Nein, um Gottes Willen, niemals!
Ich liebe sie sehr und sie mich auch, fast schon abgöttisch.“
„Also, wie dann?“
„Ich weiß, wo es noch mehr von ihrer Sorte gibt!“
„Es hört sich an, als wenn Du sie gekauft hast!“
„Das nicht, aber in gewisser Weise könnte man sagen, ich habe sie erworben.“
„Erzähl mir alles und laß nichts aus!“
Und Mark Cooder fing an zu erzählen. Es war eine lange Geschichte und sie machte Hebson etwas Angst – und ebenso faszinierte sie ihn.
Cooder erzählte ihm nicht alles, alles mußte er wirklich nicht erfahren, aber die wichtigsten Ereignisse sprudelten nur so aus seinem Mund.

Vor etwa vier Jahren arbeitete Cooder an einem Geheimprojekt des obersten Rates mit. Durch die jahrzehntelange Verschmutzung der Erde sowie der allgemeinen Entwicklung bei den Geburtenraten, bestand die Gefahr, das die Menschheit in absehbarer Zeit aussterben würde. Geklonte Babys waren noch immer nicht zur völligen Zufriedenheit gestaltet worden und die Brutkammern der Wissenschaftler schafften es einfach nicht den perfekten Menschen ohne Makel zu erschaffen. Deshalb besann man sich, auf die schon des öfteren abgelehnte Entwicklung eines der umstrittensten Mediziner der letzten Jahre. Sein Name war Henry Willow, Neutronenwissenschaftler, Plastischer Chirurg und ein Denker, der andere Wege gegangen war als seine Kollegen. Seine Lösung für das Nachwuchsproblem und vieler anderer Probleme hieß:
DER MENSCHLICHE ANDROID, bzw. die künstliche Intelligenz,
wie Willow ihn nannte.
Niemand konnte ahnen, daß er schon so weit in seiner Entwicklungsarbeit voran gekommen war. Die ersten Modelle waren schon unter die Menschen vermischt wurden – um sie ausgiebig zu testen.
Cooder hatte gute Beziehungen und wollte zu Anfang, einfach aus Neugier auch ein Modell, ein weibliches haben. Und er bekam es nach einigem hin und her. Seine Frau war dieses Modell, und was für eines, fand Hebson.
Sie waren für die Ewigkeit erbaut, das hieße ca. 180 Jahre würden sie ohne Energieaufladung reibungslos funktionieren, ihre innere Kunststoffstruktur war so entwickelt, daß kein Verfall stattfinden würde. Die Flüssigkeiten und Kabel waren das stabilste und leistungsfähigste was die Menschheit je erfunden hatte. Selbst die Außenhaut bestand aus 98% aus einem Art Folienüberzug, den man aber selbst bei genauester Untersuchung nicht bemerkte. Fast ohne Makel, fast...
Die einzige Sache, die man beachten musste war, daß sie extrem eifersüchtig waren und bei einigen Modellen, war es vorgekommen, daß sie sogar auf ein Händeschütteln des Mannes und einer fremden Frau außer sich vor Wut waren und nur mühsam vom Mann beruhigt werden konnten. Sie duldeten keine anderen Frauen in ihrer Nähe und wollten den Mann wirklich ganz nur für sich allein haben und ihm dienen bis zu ihrem Tod bzw. bis ihre Funktionen, Schaltkreise und künstliche Form sich auflösten. Mann hatte sie wirklich für den Rest seines Lebens an der Seite.
Dies war ursprünglich nicht so vom Erschaffer Willow geplant und bedeutete die einzige Achillesferse der Androiden.
Ein technisch unerklärbarer Effekt, der nicht auszumerzen war, trotz aller
Bemühungen der besten und fähigsten Ingenieure und Wissenschaftler.
Sie waren äußerlich menschlich und innerlich zu fast 96% auch. Sie konnten den männlichen Samen empfangen oder auch künstlich befruchtet werden und das wachsende Kind auch austragen, sogar Stillen war möglich. Eine fast perfekte Lösung als Ersatz für den immer geringer werdenden weiblichen Anteil bei den Geburten.
Hebson war sprachlos.
„Das gibt es doch nicht, wieso habe ich nie wenigstens Gerüchte darüber gehört?“
„Weil diese Angelegenheit wirklich mehr als geheim war und ist. Niemand, außer dem inneren Kreis, zudem ich mich jetzt auch zählen kann, durfte davon wissen und berichten.
Ich musste einige, äußerst unangenehme Papiere unterschreiben, bevor ich in den Genuß von Merrida kommen durfte.“
„Was meinst Du damit?“
„Ich darf es Dir nicht sagen, es ist zu gefährlich.“
„Mark ich bin Dein Freund, aber ich will Dich nicht drängen. Doch wenn ich auch ein Modell, kaufen, nein, erwerben - sagtest Du?“
„...mmm... ja!“
„Also erwerben möchte, dann muss ich doch verdammt noch Mal mehr darüber wissen.“
Cooder wand sich ab und schaute hinüber um die letzten Fetzen des Sonnenuntergangs zu genießen. Er ließ sich Zeit und schaute ab und zu auch in Richtung Haus, als wenn er Merrida erwartete.
Hebson fasste an Cooders Arm.
Dieser wand sich wieder zu ihm und schaute ihm ernst in die Augen.
„Du gehst eine große Verantwortung damit ein, daß muss Dir klar sein.
Wenn Du wirklich ein Modell erhältst, dann bleibst Du mit ihr bis zu Deinem Tod zusammen, verstehst Du?“
„Wenn ich so ein Spitzenmodell wie Du kriege, gehe ich diesen Kontrakt gerne ein. Kann ich mir denn wirklich alles aussuchen? Ich meine, Aussehen, Haarfarbe, Augen, Figur usw.?“
„Na klar, aber Du weißt dann immer noch nicht welchen Typ Du kriegst.“
„Was meinst Du damit, Typ?“
„Na ja, die Grundprogrammierung ist bei allen gleich, ich meine, das sie Dir dienen, alles tun, was Du verlangst. Dich bekochen, Hausputz, na Du weißt schon. Aber sie haben individuelle Charakter, könnte man sagen!“
„Du meinst, sie können zuckersüß oder mit Haaren auf den Zähnen sein?“
„Ja, so ähnlich. Das haben sie bei der Konstruktion extra so gemacht, sonst wären die einzelnen Modelle nicht mehr als Klone, ohne Eigenleben.
Doch im Grunde kannst Du nichts falsch machen, es ist wirklich das Paradies auf Erden mit so einer Frau, das sage ich Dir.“
Cooder schaute wieder zum Haus und diesmal stand Merrida hinter der riesigen Glasfront und schien die beiden zu beobachten.
Ihre perfekte Figur wurde nur durch ein dünnes Seidenkleid verhüllt und Hebson dachte im ersten Moment, sie sei nackt. Doch dann bemerkte er den Stoff, als sie sich umdrehte und wieder im Dunkel des Hauses verschwand.
„Ist da noch etwas anderes was ich wissen sollte?“
Cooder ließ sich etwas Zeit mit der Antwort.
„Auf dem offiziellen Weg wirst Du wahrscheinlich kein Glück haben, da die wenigen freigegebenen Modelle schon vergeben sind und die ganze Sache noch zu Geheim ist, aber ich habe da einen Tipp für Dich. Es ist nicht ganz ungefährlich und Du könntest getötet werden dabei."
„Getötet, wie meinst Du...?“
„Bevor ich weiter rede, muss ich von Dir wissen, ist es Dir wirklich Ernst damit? Willst Du unbedingt eine haben und wirst Du Dich mit allen Konsequenzen danach abfinden?“
Hebson zögerte nur kurz und wollte es versuchen, auch wenn die Aussicht auf einen gefährlichen, gar tödlichen Einsatz nicht gerade verlockend klang.
„Es gibt nichts, was mich jetzt noch abhalten könnte. Ich will es versuchen!“
„Ich kann Dich nur etwas unterstützen dabei, die Hauptarbeit musst Du selbst erledigen. Dein Verbindungsmann heißt Debron und ist manchmal nicht ganz einfach aber Du wirst schon klar kommen. Es gibt in den Bergen von Caprona ein geheimes und gut verstecktes Depot der Regierung, es ist teilweise unterirdisch und schwer zu entdecken. Debron kennt sich dort oben sehr gut aus und wird Dir helfen es zu finden.
Das Finden und hineinkommen ist der erste Teil, außerdem musst Du die Schutzvorrichtung überwinden oder ausschalten.“
„Was für eine Schutzvorrichtung ist das?“
„Wenn du versagst eine tödliche. Es sind überall Laserblaster versteckt und wenn Du nicht aufpaßt, zerteilen sie Dich in handliche Stücke.“
„Wie soll ich denn daran vorbei kommen?“
„Ich werde Dir eine Universalmasterschablone besorgen, mit der Du
fast alle Codetüren und Anlagen für 60 Minuten überwinden kannst. Doch trotzdem musst Du aufpassen, es kann sein, dass sie nicht für alle Systeme funktioniert. Wenn Du dann hinein gekommen bist und die Lagerhalle mit den einzelnen Modellen erreicht hast, kommt der zweite Teil des Ablaufs dran.“
Cooder zog ein kleines Etui aus der Jackentasche und klappte es auf.
„Dieser kleine Chip enthält den Schlüssel zu Deiner Traumfrau. Hier sind alle nötigen Daten und Gefühlsprogramme enthalten, das Grundprogramm ist schon installiert. Die Öffnung liegt an dem linken Fußknöchel, Du brauchst nur zwei Mal drücken und die Disk läßt sich einführen. Soweit verstanden bis jetzt?“
„Glaube schon, aber was ist mit den Laserbänken? Werden, falls es klappt alle außer Funktion gesetzt oder nur einige?“
„Das, musst Du allein heraus finden, ich kann Dir keine Garantie geben, daß alles so klappt, wie geplant.“
„Woher weißt Du überhaupt so gut Bescheid darüber?“
„Das ist egal, Du musst nicht alles wissen. Mehr kann ich Dir dazu nicht sagen. Ich werde Debron informieren und er wird sich bei Dir melden, falls Du noch immer willst?“
„Gib mir einen Tag Bedenkzeit, die brauche ich. Das ich dabei mein Leben riskiere, hätte ich nicht erwartet.“
„Zu spät, mein Freund, nun nachdem ich Dich eingeweiht habe, gibt es kein zurück mehr. Wenn Du nun einen Rückzieher machst, muss ich Dich töten, so steht es in meinem Vertrag!“
„Bist Du verrückt, mich töten. Das kann doch nicht Dein Ernst sein, oder?“
Hebson sprang auf und blickte auf seinen Freund.
Cooder grinste, es erinnerte Hebson stark an einen Hai oder eine Hyäne, die ihre Beute in die Enge getrieben haben.
„Nein, natürlich würde ich Dich nicht töten, aber die mächtigen Leute an der Spitze wollen keine unnötige Propaganda, eigentlich darf kein Wort davon, was ich Dir erzählt habe, jemals heraus kommen. Ich bin nun selbst in Gefahr und die Sache ist für alle nicht ungefährlich.
Wärst Du nicht mein bester Freund, mein einziger...“
Cooder drehte sich wieder zum Haus und schien Angst zu haben.
„...dann hätte ich kein Wort davon über meine Lippen gebracht.
Du sahst so verzweifelt aus und wie Du Merrida angesehen hast, da
dachte ich...na ja, wie auch immer, nun bist Du eingeweiht und ich wünsche Dir viel Erfolg!“
„Ist es das Wert, Mark?“
Cooder stand auf und ging langsam in Richtung Haus.
„Ja, das ist es, komm wir wollen essen!“

Ein ruckeln und schütteln ging durch das Vehikel und brachte Hebson wieder in die Realität zurück. Er versuchte sich zu erinnern, daß die ganze
Sache vor gut zwei Monaten so abgelaufen war und nun saß er hier in dieser alten Kiste und wurde durchgerüttelt. Wie ein Gewehrschuss knallte es plötzlich und der Wagen rollte an die Seite.
„Was ist los?“ fragte er.
„Keine Aufregung, das haben wir gleich“, knurrte der alte Debron und stieg aus.
Hebson wurde es nicht das erste Mal an dem Tag etwas mulmig zumute.
Die Straße als solche, verdiente den Namen dafür nicht, es war eigentlich mehr eine unbefestigte, schmale Holperstrecke, seit dem sie losgefahren waren. Wenn jemand entgegen gekommen wäre, hätte man pokern können, ob der es ohne Schaden vorbei schaffen würde. Wenn man die Strecke verließ, würde man ziemlich tief in die Schlucht stürzen. Außerdem war es in dieser Gegend scheinbar keine Seltenheit, Erdrutsche und umgefallene Bäume zu erleben. Was ihn noch erwarten würde, daran wollte er erst gar nicht denken. Debron öffnete die verbeulte Motorhaube und hantierte am Motor herum. Es zischte und knackte unentwegt.
Hebson fiel der Blick auf den kleinen Jungen, der die ganze Zeit hinten saß und während der langen Fahrt kein Wort gesagt hatte.
Dieser sah ihn scheinbar ohne Regung an und murmelte:
„Mister, Sie müssen ja unheimlich wichtig sein, wenn mein Vater in das dunkle Tal fährt. Normalerweise kriegt ihn dort keiner hin.“
„Ich bin nicht wichtig und Dein Vater wird gut dafür bezahlt, mir schien, er musste nicht lange überredet werden als er das Geld sah.“
„Wir sind Arm Mister, und meine Mutter ist sehr krank. Meine Familie lebt von der Hand in den Mund und deshalb hat mein Vater das auf sich genommen.“
Er schaute trotzig Hebson an und wartete wohl auf eine Entschuldigung. Doch als sie ausblieb, lehnte er sich wieder zurück und schaute nach draußen. Mit diesem Jungen hatte er wohl keinen neuen Freund gewonnen. Das sein Vater käuflich war schien Hebson nicht weiter schlimm, doch der Junge dachte da wohl anders. Die Haube knallte zu und Debron kam zurück. Dankbar, das Gespräch wieder auf ein anderes Thema lenken zu können, fragte er Debron was los sei.
„Eine Leitung war abgerissen, habe sie erst mal wieder geflickt, weiß aber nicht wie lange sie halten wird.“
Keuchend bewegte sich das Fahrzeug und machte sich auf, den nächsten Hügel zu erklimmen. Die Temperatur im Inneren der Kabine, musste mittlerweile über 30 Grad liegen und Hebson lief der Schweiß ohne unterlass am Körper herunter.
„Wie weit ist es noch Debron?“
Dieser hatte Mühe den Wagen in der Spur zu halten und ohne sich zur Seite zu drehen sagte er das, was Hebson schon ein paar Mal während der Fahrt gehört hatte.
„Ist nicht mehr weit!“
Damit musste er sich zufrieden geben, also versuchte er ein wenig die Aussicht auf die Berge und in die tiefen Schluchten zu genießen.
Nach einem weiteren unbeabsichtigten Halt und zwei Stunden später waren sie wirklich kurz vorm Ziel. Oberhalb der Straße, mit Blick in einen Canyon stand der Wagen und Debron zögerte die Serpentinenkurven hinab zu fahren.
„Was ist los? Warum fahren Sie nicht weiter?“
„Sie müssen ab hier zu Fuß weiter. Wir warten hier oben genau anderthalb Stunden, dann sind wir weg, also beeilen Sie sich und vertrödeln Sie nicht Ihre kostbare Zeit.“
„Was soll das heißen, zu Fuß? Das Stück dort runter können Sie doch auch noch fahren.“
„Kann ich nicht. Die haben dort unten Metalldetektoren, die jedes Fahrzeug sofort erkennen.“
Hebson stieg aus und der Wagen fuhr hundert Meter weiter zurück. Dort blieb er schnaufend stehen und Debron stellte den Motor ab.
Nun ahnte Hebson ein wenig, auf was er sich da eingelassen hatte.
Die Augen zu kleinen Schlitzen verengt, stolperte er den steinigen und staubigen Weg hinab und schaute dabei immer auf die dunkle Öffnung, dort, wo der Eingang sein sollte. Doch von weitem sah es nur wie eine der zahlreichen Felsvorsprünge mit einer, zugegeben etwas größeren Aushöhlung aus. Die Sonne brannte heiß und erbarmungslos.
Er schaute auf die Uhr und versuchte sich die Zeit einzuprägen. Cooder sagte eine Stunde, mehr nicht, nach Entriegelung und Blockierung der Alarmeinrichtung. Debron wollte nur anderthalb Stunden warten also hatte er wirklich nicht viel Zeit.
Nach 12 Minuten erreichte er das dunkle Loch und ohne zu zögern, verschwand er in seinem Schlund. Er stand plötzlich in einem kleinen Raum, völlig aus Stahl gefertigt. Die Wände, der Boden sowie die Decke glänzten wie neu. Nur die vor ihm aufragende dicke Stahltür hatte eine matte Oberfläche. Es musste eine Tarnvorrichtung sein, daß er so einfach hinein kommen konnte. Ohne die Informationen von Cooder und Debron hätte er es nie gefunden und wäre wahrscheinlich wie andere, einfach an der kleinen Schlucht oben auf der Straße vorbei gefahren, dachte er. Umständlich zog er seine Halskette unter dem Hemd hervor und löste den Clip mit der Masterschablone. Dann steckte er sie in den seitlichen Schlitz hinein und drückte die kleine Zahlenbuchstabenkombination, die er von Cooder hatte. Einen Moment lang war es gespenstisch still, dann fing es an zu rattern und ein Piepen ertönte.
Die Verriegelung öffnete die dicke Tür, die nun einen Spalt aufstand.
Hebson sah wieder auf die Uhr und ging hinein. Vor ihm lag eine Stahlröhre, deren Ende nicht auszumachen war. Die rötliche Notbeleuchtung ließ in Abständen unförmige Gebilde an der Decke erscheinen, eines gleich hinter der Tür. Erst beim zweiten hinsehen, erkannte er, daß es die genannten Laserblaster waren. Er ging zügig zurück und holte zwei mittelgroße Gesteinsbrocken, die vor der Tür lagen. Dann betrat er wieder die Röhre und warf einen mitten auf den Gang.
Die drei Geschütze, die er ausmachen konnte, blieben regungslos also schritt er mutig weiter, immer die Wände und Decken im Auge. Nach einer Biegung bemerkte er weitere Kanonen, die eine weitere Tür bewachten.
Er schmiß den Stein voran und wieder schwiegen die Wächter. Auch diese Tür stand einen Spalt offen, so konnte er ohne Probleme in den nächsten Bereich gelangen. Es schien ein Labor zu sein, die eine Seitenwand war aus Glas und ließ den Blick frei schweifen auf eine große Lagerhalle in der drei lange Regalreihen aufgestellt waren. Darin lagen teilweise in Foliensäcken Menschen, wie es aussah. Doch Hebson wusste es besser, er war seinem Ziel jetzt nahe. Am Ende des Labors war wieder eine Tür, doch sie stand nicht offen. Kurz bevor er die Tür erreichte, hörte er ...